Vertrauen aufbauen - gewusst wie

Arbeiten im Büro: Vertrauen schaffen mit Psychologie und Raumgestaltung

Nach über zwei Jahren Pandemie fallen viele Einschränkungen weg.

Keine Test- und Maskenpflicht mehr, geöffnete Restaurants, Clubs, Theater, Schulen und Kindergärten. Reisen sind wieder (fast überall hin) möglich, es gibt viel Grund zur Freude. 

Und für Viele endet die Zeit im Homeoffice. Jetzt geht es wieder zum Arbeiten ins Büro.

Manchmal treffen sich neue Mitarbeiter*innen, die sich vorher noch nie “in echt” erlebt haben. Für manche hat sich das Team verändert oder sogar die eigene Aufgabe. Klar ist, wir alle erleben jetzt die ersten post-pandemischen Präsenzmeetings im Büro.  

Wie gelingt es, schnell und nachhaltig Vertrauen aufzubauen? Gemeinsam mit Raumexpertin Katia Steilemann verrate ich, welche Vertrauenskiller es gibt und was man statt dessen tun kann.

Vertrauenskiller Nr. 1: Menschliches Verhalten

Der größte Vertrauenskiller sind Menschen, die sich nicht vertrauenswürdig verhalten.

Als Organisationspsychologin sehe ich dieses Verhalten täglich. Ohne es zu wollen, vergiftet dieses Verhalten das Klima im Büro. Menschen, denen wir „nicht so recht“ trauen

  • Lassen ihr Umfeld ständig wissen, was andere zu tun und zu lassen haben, zeigen aber selbst kein Engagement 
  • Blenden und tun nur so “als ob” sie kompetent wären. Das wirkt nicht nur wenig authentisch, sondern erodiert im Endeffekt auch ihr eigenes Selbstbewusstsein – denn sie wissen ja, dass es gelogen ist 
  • Verfolgen eine “hidden agenda”, d.h. sie behalten ihre wahren Absichten für sich 
  • Treffen wichtige Entscheidungen “im stillen Kämmerlein”, ohne andere mit einzubeziehen. Sogar Fachleute und Experten tappen in diese Falle. 

Vertrauenskiller Nr. 2: Räume, die misstrauisch machen

3 typische Fehler, die Katia Steilemann als Raumexpertin in Büros sieht: 

  • Der Stuhl des Gastes steht mit dem Rücken zur Tür. Wie oft passiert es, dass mitten im Gespräch jemand die Tür aufmacht, um schnell etwas zu sagen? Wenn ich das Gefühl habe, mir kann jederzeit jemand “in den Rücken fallen” oder es kann jemand hinter der Tür lauschen, werde ich nicht so schnell offen und ehrlich über meine Themen sprechen. 
  • Auf dem Tisch stehen Gegenstände, die eine Mauer zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter bilden. Seien es noch so praktische Stiftehalter, Tischkalender, Bilderrahmen, Uhr, Locher, Post-its oder lustige Glücksbringer. Alles, was “schön” am Rande des Tisches aufgestellt ist, wirkt auf den Außenstehenden wie eine Schutzmauer. Offen für Feedback und andere Meinungen ist in so einem Setting keiner. 
  • Es gibt kein Bild vom aktuellen Team. Bilder, die an der Wand hängen, sind Auszeichnungen, die zeigen sollen: “schau mal, wie toll ich bin”. Oder es sind Bilder von besonderen Konferenzen oder Abschiedsgeschenke von Teams, die der Vorgesetzte in seiner beruflichen Vergangenheit geleitet hat. Wenn ich mich im Raum meines Vorgesetzten nicht irgendwie wiederfinde, wie kann ich das Gefühl bekommen, dass wir zusammen an einem Strang ziehen? 

Kompetenz weckt Vertrauen, ist aber bei Weitem nicht ausreichend

Das Vertrauens-Rad im Bild unten zeigt, was man konkret tun kann, um Vertrauen aufzubauen.

Vertrauen besteht aus vier Elementen. Mögen drei Elemente davon auch noch so stark sein, wenn eines fehlt, dann läuft das Rad nicht rund. Es leidet das zwischenmenschliche Vertrauen.

Um Vertrauen aufzubauen braucht es jeder dieser Elemente: 

  1. Verbindlichkeit: Was Du ankündigst, das setzet Du um.
  2. Kompetenz: Du kannst Deine Versprechen einhalten.   
  3. Kommunikation: Du vertrittst Deinen Standpunkt klar und deutlich. 
  4. Rücksichtnahme: Du berücksichtigst andere Meinungen.  

Coaching-Frage: Wenn Du diese vier Elemente betrachtest, wo sind Deine Stärken? Und in welchem Feld könntest Du noch besser werden?

Für jedes Feld gibt es Ansatzpunkte, wie man schnell und nachhaltig Vertrauen aufbauen kann.

So stellst Du Verbindlichkeit her:  

  • Halte Vereinbarungen schriftlich fest 
  • Gib regelmäßig Updates. So zeigst Du, dass das Projekt bei Dir in guten Händen ist. 
  • Halte Dich an die vereinbarten Zeitpläne. Plane für die einzelnen Teilaufgaben lieber zu viel Zeit ein als zu wenig. Und “liefere” ein wenig früher als angekündigt.  

So machst Du Deine Kompetenz sichtbar:  

  • Bevor Du eine neue Aufgabe übernimmst oder eine neue Rolle annimmst, überprüfe Deine Fähigkeiten genau.  
  • Wenn Du Dich Deiner Grenzen bewusst bist, kannst Du das proaktiv kommunizieren. Damit kannst Du eine Situation, in der es möglicherweise problematisch wird, schon im Vorfeld entschärfen. 
  • Du hast in der Aufgabe schon Erfahrungen gesammelt und gute Resultate erzielt? Verwendest Du ein bewährtes Vorgehen? Dann lass es Deine Vorgesetzten, Mitarbeiter*innen und Kund*innen wissen! Du wirst auch in schwierigen Situationen Ruhe ausstrahlen, was auch Dein Gegenüber spürt. 

So sprichst Du authentisch über Deine Sicht der Dinge: 

  • Eine vertrauenserweckende Person spricht nicht nur über offensichtliche Daten und Fakten. Sie ist auch in der Lage, in einer wertschätzenden Art und Weise Unklarheiten zu benennen und (Stör-)Gefühle auszudrücken. 
  • Lerne z.B. in einem individuellen Coaching, wie Du einen klaren Blick auf Deine eigenen Bedürfnisse und Werte bekommst, ohne diese in den Vordergrund stellen zu müssen.  

So beziehst Du andere Meinungen ein:  

  • Im Meeting erkennt man gute Führungskräfte daran, dass sie Fragen stellen und dann zuhören. Ihre eigene Meinung behalten sie zunächst für sich, um die Sicht der anderen zu verstehen und sie nicht zu beeinflussen. 
  • Gerade wenn Du „Widerstand“ gegen “Deine” Themen erlebst, lohnt es sich, die dahinterliegenden Bedürfnisse der beteiligten Menschen zu erforschen.  

Der Raum hat großen Einfluss auf Vertrauen

Damit Vertrauen schneller aufgebaut wird, sollte jeder achtsam in seine Räume schauen und sich fragen: Fühlt sich die andere Person in meinem Raum sicher? Hat sie hier auch das Gefühl dazuzugehören und hat sie Platz, um ihre Bedürfnisse auszusprechen? 

 

Diese Tipps kann jeder schnell bei sich im Büro umsetzen: 

  • Mitarbeitergespräche finden an einem freien, aufgeräumten Tisch statt. Zwischen den Gesprächspartnern stehen höchstens eine Kaffeetasse und ein paar Snacks. Kein Stuhl steht mit dem Rücken zur Tür. 
  • Auf dem Bild des aktuellen Teams kann man alle Teammitglieder gut erkennen. Es hängt in einem Bilderrahmen und ist von der Eingangstür aus für alle Eintretenden gut sichtbar. 
  • Ersetzen Sie Plastikpflanzen oder kranke Pflanzen durch echte und gesunde Pflanzen. Kranke Pflanzen schicken die Botschaft “In diesem Raum hat keiner Zeit für Lebewesen. Hier geht es nur um Dinge.” Vertrauen braucht echte Gespräche, Zeit und Fürsorge. Ebenso wie Ihre Büropflanze wird das Vertrauen, das Mitarbeiter*innen, Chef*innen und Kund*innen in Sie setzen, wachsen und gedeihen!