Wie Du mit einer Morgenroutine mehr Ruhe und Fokus in Dein Leben bringst (sogar als Morgenmuffel)

Was trägst du auf deinem Wappen?

Schauen wir ein paar Jahrhunderte zurück. Im späten 12. Jahrhundert begannen Familien, ein schildähnliches Zeichen zu tragen, um ihre Herkunft und Zugehörigkeit zu demonstrieren. Im Kampf war das Schild praktisch, denn auch wenn der Helm das Gesicht verdeckt hat, so war der Träger mit dem Wappen dennoch erkennbar. Das Wappen wurde zu einem Schutz- und Erkennungszeichen.

Heute schon gewappnet?

Ein Schutzschild mit Aufdruck benötigen wir heute nicht mehr, jedoch „wappnen“ wir uns im Alltag: Mit Mut, wenn wir vor einer beruflichen Herausforderung stehen. Mit Geduld im Umgang mit unseren Kindern. Mit Argumenten vor einem Gespräch. Das Wappnen hilft uns dabei, uns vorsorglich auf ein kommendes Ereignis vorzubereiten. Und wenn wir das gut und gründlich tun, erkennt unser Gegenüber bereits von Weitem an der Körperhaltung und dem Gesichtsausdruck, mit was zu rechnen ist.

Wenn wir uns in einer unsicheren und unberechenbaren Lebensphase oder Umgebung befinden, dann benötigen wir mehr Struktur, Ordnung, Sicherheit und Orientierung. (Gabriele Amann)

Oder wenn wir uns festgefahren haben oder eine rigide Lebens- und Arbeitssituation durchleben. Im Resilienz-Coaching formulieren Klienten dann den dringenden „Wunsch nach mehr Beweglichkeit und Flexibilität“. (Amann, Egger, 2017, S.70)

Wappnen mit einer Morgenroutine: ein wirksames Mittel für mehr psychische Flexibilität

Ein wirksames Mittel, um sich in diesem „größeren Adaptationsprozess“ selbst zu führen, möchte ich hier vorstellen: die Morgenroutine. Um in der Metapher des Schutzschildes zu bleiben: Mit einer für Dich passenden Morgenroutine schaffst Du es, Dich für alle kommenden Herausforderungen zu wappnen.

Dieser Text entstand als Prüfungsleistung im Rahmen meiner Zertifizierung zum Resilienz Facilitator. Mehr Informationen über das Resilienz Forum gibt es hier.

Was ist eine Morgenroutine?

Morgenroutinen sind morgendliche Tätigkeiten, die Du gerne und für die Befriedigung Deiner Bedürfnisse tust, und zwar unabhängig von äußeren Anforderungen. Da Du sie in ähnlichen Abläufen jeden Morgen tust, laufen sie nach einer Zeit „wie automatisch“ ab, ohne dass Du darüber nachdenken musst. Die Gewöhnung sorgt dafür, dass diese Zeitblase auch bei Störungen stabil bleibt. Morgenroutinen sorgen für Dein Wohlbefinden, während Du sie ausführst, und sie haben eine positive Wirkung auf Deine Produktivität und Deinen Fokus auf die wirklich wichtigen Dinge in Deinem Leben.

Denn Deine Morgenroutine ist die Zeit für Dich. Du sorgst Dich in der Zeit einzig und allein um Dich und um Dein Wohlergehen. Du „sortierst“ Dich selbst und wappnest Dich für Deinen täglichen Balance-Akt zwischen Veränderung und Stabilität.

Was sind typische Reaktionen von Leuten, die bisher keine Morgenroutine haben?

  • „Morgenroutinen sind mir zu langweilig / zu anstrengend“
  • „Für eine Morgenroutine habe ich keine Zeit!“
  • „Bei mir ist jeder Tag anders, ich brauche meine Flexibilität!“

In diesem Artikel löse ich diese drei Missverständnisse über Morgenroutinen auf.
Du lernst, auf was Du bei Deiner persönlichen Morgenroutine achten solltest. Und was Du morgens tun kannst, auch wenn Du wenig Zeit hast und wie mit der Zeit echte Flexibilität entsteht.

Missverständnis Nr. 1: Morgenroutinen sind anstrengend

Löst die Vorstellung von einer Morgenroutine in Dir Langeweile oder Überforderung aus? Dann könnte es sein, dass Du Dich in Gedanken unter- oder überforderst.

Meine Tipps:

  • Wähle Dinge aus, die Dir Spaß machen und nichts mit Deiner Arbeit oder Deiner Rolle in der Familie zu tun haben.
  • Gestalte den Raum, in dem Du Deine Morgenroutine machst, schon am Abend vorher nach Deinen Vorstellungen. So kannst du sofort nach dem Aufwachen „Dein Ding“ machen.
  • Probiere Deine Morgenroutine an mehreren Tagen hintereinander aus. Probiere auch Varianten und beobachte, welche Wirkung sie auf Dich haben. Beobachte, wie Du Dich fühlst während der Morgenroutine, und wie sich das auf Deine Konzentration und Produktivität während des Tages auswirkt!

Missverständnis Nr. 2: Morgenroutinen brauchen viel Zeit

Was glaubst Du, wieviel Zeit eine Morgenroutine braucht: eine Stunde? 30 Minuten? Das ist viel Zeit morgens. Vor allem, wenn man ein großes Schlafbedürfnis hat.

Es ist schon richtig, etwas früher aufzustehen. Das ist kein Problem, denn Du wirst mit der Zeit auch lernen, Deine Abendroutine so anzupassen, dass Du ausreichend erholsamen Schlaf bekommst.

Was genau ist es, was Du morgens tun möchtest? Was gibt Dir Ruhe und Fokus?

Mein Tipp: Nimm Dir morgens nicht zu viel vor.

Hier sind einige Ideen – mit Angabe der Zeit, die Du minimal brauchst:

  • Tagebuch führen oder Träume aufschreiben (3 Min.)
  • Meditieren (10 Min.)
  • Stretching oder Yoga (8 Min.)
  • Den Tag planen (2 Min.)
  • Etwas Erbauliches lesen oder etwas Schönes hören (5 Min.)
  • In Ruhe einen Tee oder Kaffee genießen – ohne dabei etwas „Nützliches“ zu machen (5 Min.)
  • Mit dem Hund eine Runde drehen (30 Min.)
  • Mit den Kindern kuscheln (10 Min.)
  • Ein Kreuzworträtsel lösen (10 Min.)
  • Blumen gießen (3 Min.)

Wenn Du Dir davon zwei oder maximal drei Dinge auswählst, dann brauchst Du ungefähr 15 bis 20 Minuten Zeit für Deine Morgenroutine. Diese Zeit ist ein gutes Investment für Deine persönliche Energie, diese Zeit gibt Dir Kraft für den restlichen Tag, weil Du schon am Morgen Deine wichtigsten Bedürfnisse stillst.

Hast Du morgens mehr Zeit? Dann nimm sie Dir ruhig – für Dich!

Missverständnis Nr. 3: Morgenroutinen rauben Flexibilität

Wenn man mich morgens um 6:00h beobachten würde, dann könnte es so aussehen, als würde ich „starr“ meine Morgenroutine „abarbeiten“.

Weit gefehlt!

Ich bin sogar froh, meine persönliche Morgenroutine gefunden zu haben (10 Minuten Meditation, 10 Minuten Yoga, 10 Minuten Nachrichten lesen). So muss ich nicht mehr darüber nachdenken, wie ich in den Tag starte!

Deine Morgenroutine gibt Dir Stabilität für den ganzen Tag, weil Du das Wichtigste – und zwar Selbstfürsorge und Selbstzuwendung – schon erledigt hast. So kannst Du auf Anforderungen flexibel und angemessen reagieren.

Natürlich ist es auch mal möglich, eine Morgenroutine ausfallen zu lassen. Aber warum?

Ich drehe die Logik sogar um: Je anspruchsvoller Dein Arbeitstag, je geforderter Du in Deinem Job oder Deiner Rolle oder Rollenvielfalt bist, desto wichtiger wird Deine Morgenroutine für Dich!

Fazit

Mit einer Morgenroutine startest Du gut gewappnet in den Tag, denn Du hast bereits Zeit in Planung und/oder Selbstfürsorge investiert. So kannst Du in unsicheren oder unberechenbaren Lebenssituationen Deine Resilienz stärken, erlangst dadurch mehr Beweglichkeit und Flexibilität.

Schreibe mir Deine Kommentare an mail@estherhagemann.com

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